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Pressemitteilung SWAB - Abbruch der Erörterung

Schweinfurter Aktionsbündnis gegen Atomkraft (SWAB)Pressemitteilung vom 06.11.16

Enttäuschend – ernüchternd – empörend!

In dieser Einschätzung zum zweitägigen Erörterungstermin bezüglich des Rückbaus des AKW
Grafenrheinfeld waren sich TeilnehmerInnen des SWAB bei einem Treffen am Mittwoch einig!
 
Die Veranstaltung schien unter dem Motto „Wir da oben – Ihr da unten“ zu laufen: oben,
da waren auf Augenhöhe und in trautem Einvernehmen, VertreterInnen von der „Antrag-
stellerin“  PreussenElektra, von TÜV Süd, dem Bayerischen Landesamt für Umwelt als
Genehmigungsbehörde mit dem dauerlächelnden Versammlungsleiter Heierth.

Unten, da waren eben die EinwenderInnen – BürgerInnen, VertreterInnen von Kommunen,
Verbänden, Initiativen, Rechtsbeistände – die sich für Ihre Wortmeldungen immer auf den
Weg zu dem einen, festinstallierten Saalmikrophon machen mussten.
War es von Müller-Dehn (PreussenElektra) als einschüchternde Drohgebärde von  oben gemeint,
als er recht früh am ersten Verhandlungstag äußerte, dass sich PreussenElektra offen lasse, das
Atomkraftwerk wieder in den Leistungsbetrieb zu nehmen, sollte das Bundesverfassungsgericht
in Karlsruhe über die anstehenden Verfassungsklagen zum Atomausstieg im Sinne der Betreiber
entscheiden? Der Antrag zum Rückbau des AKW Grafenrheinfeld wurde – noch von E.on - unter
Vorbehalt gestellt; daraus war ja bereits abzuleiten, dass sich der Betreiber die Option offenlassen
will, gegebenenfalls davon abzusehen.


Die Reaktion auf Müller-Dehns Äußerung waren unten Unmut, Protest und Unverständnis.
Die Rechtsbeistände der EinwenderInnen waren erstaunt, dass die Behörde den Antrag so überhaupt
angenommen hat; sprachen von einer „Vorratsgenehmigung“, die nicht statthaft sei.
Aus Sicht der Mitglieder des SWAB, die am  Erörterungstermin teilgenommen haben, hat sich sehr
deutlich gezeigt, dass die Vorgehensweisen von PreussenElektra und dem LfU juristisch teilweise
angreifbar sind!  Enttäuschend und unverständlich ist, wie wenig Bereitschaft von oben gezeigt wurde,
sich mit den Einwendungen tatsächlich inhaltlich auseinander zu setzen!

Beispielsweise beim Thema Störmassnahmen durch Einwirkungen Dritter: RA Wollenteit für den BN und
PrivateinwenderInnen fragte  konkret, welche Szenarien überprüft wurden / werden sollen; ob z.B. der
Absturz eines großen Passagierflugzeuges vom Typ A 380 überprüft wurde / werden soll? Zimmerhackl
für das LfU konnte das nicht beantworten …. die EinwenderInnen haben das so übersetzt „Wurde nicht
überprüft!“ Am zweiten Erörterungstag gab es dafür eine Bestätigung – durch PreussenElektra: es sei nicht
vorgesehen, die Auswirkungen des Absturzes einer großen Passagiermaschine zu überprüfen – was daraufhin
von mehreren EinwenderInnen gefordert wurde.Der Versammlungsleiter hat es bedauerlicherweise fast
ausnahmslos akzeptiert, dass die Fragen der EinwenderInnen nicht, nur teilweise oder mit belanglosen Aussagen
beantwortet wurden.

Auffallend war das Verhalten der VertreterInnen des TÜV Süd (durch das Umweltministerium mit der Begutachtung
der Stilllegungsgenehmigung beauftragt): mehrfach haben diese nicht geantwortet, obwohl Fragen direkt an sie
gerichtet worden waren! Vertreter von PreussenElektra haben wiederholt darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin
mit der Einhaltung von Schutzzielen – auch während des Rückbaubetriebes – Erfahrung habe,  dass die Abbaureihenfolge
von verschiedenen Randbedingungen abhängig sei und dass man keine starre Abbaureihenfolge wolle: damit wurde
begründet, dass es nicht mehr (exaktere) Unterlagen und Aussagen gebe.


Während der zwei Erörterungstage hat sich bei den Beteiligten vom SWAB der Verdacht eingestellt, dass es zu vielen
Details zum Rückbau – die für die EinwenderInnen von Bedeutung sind – tatsächlich noch keine konkreten Planungen gibt.
Bürgermeisterin Fleischer (Gochsheim) wurde auf die Bitte, von Materialtransporten aus dem AKW-Abriss über Gochsheim
abzusehen geantwortet, Transporte über Gochsheim seien nach den aktuellen Planungen nicht vorgesehen – da keinerlei
Aussage getroffen wurde, über welche Orte Transporte gehen werden, kann diese Antwort auch bedeuten: Es gibt aktuell
noch gar keine Planungen zu den Transportrouten!PreussenElektra fordert und erwartet Vertrauensvorschub – das SWAB
sieht dafür keinerlei Grundlage gegeben!Es handelt sich um den geplanten, aufwändigen Rückbau eines AKW – in unserer
Nachbarschaft! Das radioaktive Inventar ist weiterhin in unserer Nachbarschaft vorhanden – im Reaktorgebäude und im
Atommülllager für hochradioaktive Abfälle.

Eine Lagerstätte für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll ist auf dem Betriebsgelände geplant – wobei der aus dem
AKW Grafenrheinfeld ohne zeitliches Limit gelagert werden kann, externer Atommüll (bis zu 20 % ) maximal 10 Jahre.
Für das Atommülllager BELLA sind „Härtungsmassnahmen“ erforderlich – wegen der Erkenntnis, dass die nötigen
Schutzziele für bestimmte Szenarien nicht eingehalten werden können, d.h. die notwendige Sicherheit ist nicht gegeben.
Bis jetzt ist keine Zusammenschau des AKW- Rückbaus mit den Erfordernissen an BELLA passiert. Es ist nicht transparent,
wie die Möglichkeit, defekte Castorbehälter im Reaktorgebäude zu reparieren (inhaltlich in der Betriebsgenehmigung für das
Atommülllager BELLA erwähnt) ersetzt werden soll.
Eine Zunahme  radioaktiver Strahlung (durch die Vermischung von Stoffen mit höherer und niedrigerer Aktivität bis eine
Aktivität unterhalb des gesetzlichen Grenzwertes erreicht ist und anschliessender Freigabe aus der atomrechtlichen Aufsicht )
ist zu erwarten – obwohl es keinen Grenzwert für die Ungefährlichkeit radioaktiver Strahlung gibt!Das SWAB vermisst die
seriöse Erörterung der Einwendungen, die nach unserer Kenntnis inhaltlich teilweise sehr detailliert ausgearbeitet wurden!

Skandalös ist die Tatsache, dass der Genehmigungsbehörde Antragsunterlagen durch E.on / PreussenElektra nicht vollständig
vorgelegt wurden!   

Skandalös ist, dass die Behörde das akzeptiert, und das Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung in Gang gesetzt hat – ein
Verfahren, das dem Grundrechtsschutz dienen soll!

Unverständlich ist, dass der Versammlungsleiter Heierth den Antrag auf Abbruch des Erörterungstermins abgelehnt hat!
„Erörtert“ bzw. angesprochen wurden Sachverhalte, die in Ihrer Gänze nicht erfassbar sind, da die Planungen des
Betreibers in Teilbereichen noch nicht bekannt sind. Dieses vom Grundsatz her „löchrige“ Erörterungsverfahren soll aber
das Einzige sein, d.h. die BürgerInnen, Kommunen, Verbände, Initiativen wurden nur in Teilen beteiligt! Es ist empörend,
wie verschwenderisch mit unserer Zeit umgegangen wurde, und es ist beunruhigend, wie wohlwollend-nachsichtig sich die
Genehmigungsbehörde der Antragstellerin gegenüber verhält!

Babs Günther
für das Schweinfurter Aktionsbündnis gegen Atomkraft (Sprecherin)